Sonntag, 22. Januar 2023.
Es ist nun eine Woche her, da wir uns von Familie und Freunden sowie von unseren Rallye-Kollegen und dem netten und hilfsbereiten ARC-Team in Las Palmas, Gran Canaria, verabschiedet haben. Es waren emotionale Momente und die eine oder andere Träne haben wir hinter unseren Sonnenbrillen versteckt.
Während der ersten drei Tage mussten wir uns zuerst an die Bootsbewegung gewöhnen, an das Auf und Ab, das Schwanken in alle Richtungen. Jede Bewegung oder Aufgabe dauert nun länger, als noch vor ein paar Stunden im Hafen. Alles muss mit einer Hand gemacht werden. Es gibt den Ausdruck 'eine Hand für das Boot, eine Hand für dich'. Das ist wahr. Man muss sich die ganze Zeit festhalten und über normale, alltägliche Handlungen nachdenken, wie man diese mit nur einer Hand und einem instabilen Stand erledigen kann. Okay, wir kennen das alles schon vom Mittelmeer, aber es ist erstaunlich, wie sehr man sich trotzdem jedes Mal wieder daran gewöhnen muss.
Und dann ist da der Schlafmangel. Als Seglerpaar ohne Crew müssen wir alle Aufgaben und vor allem die Wachen unter uns aufteilen. Die ersten Tage sind die schwierigsten, da man sich noch an den Wachrhythmus mit nur maximal 3,5 Stunden Schlaf am Stück gewöhnen muss. Dazu kommen noch die Tabletten der ersten Tage gegen Seekrankheit, die uns schläfrig machen und uns buchstäblich umhauen. Aber sie erfüllen ihren Zweck, also beschweren wir uns nicht.
Es war spannend, die anderen Teilnehmer zu Beginn über AIS auf unserem Plotter zu sehen. Wir dachten darüber nach, wie sie mit der Situation umgehen und sprachen auch mit einigen über Funk. Aber bald sahen wir nur noch den einen oder anderen weit weg und dann tagelang niemanden mehr. Da kommt das Satellitentelefon gerade recht und man kann sich mit anderen Booten in der Ferne unterhalten und Gedanken austauschen. Die Gemeinschaft, die sich in der Woche vor unserem Start gebildet hat, ist aussergewöhnlich und nebst der Sicherheit ein klarer Mehrwert des Segelns im Verbund mit der ARC.
Am dritten Tag genossen wir unser erstes frisch zubereitetes Mittagessen (kein vorgekochtes Gulasch mehr). Am Mittwoch hatten wir unsere Seebeine wieder. Michael bekam sogar einen Haarschnitt, für den er in der arbeitsreichen Woche vor der Abreise keine Gelegenheit mehr hatte.
Nun begann die Zeit der plötzlich auftretenden heftigen Winde und Gewitter, die im Segeljargon Squalls heissen, und die Unart hatten, nachts (meistens morgens um ein Uhr) aufzutreten. Begleitet von heftigen Böjen, Regenschauern und Blitzen mussten wir uns durch die Gewitterzellen durchschlängeln. Konkret bedeutete das, SERENDIPITY jeweils vor einer herannahenden Front so zu stellen, dass wir den Wind ca. 120 bis 150 Grad von hinten hatten und vor ihm abliefen. Einmal regnete es geradewegs in den Salon von hinten und ich musste mit Kissen die Öffnung verstopfen, damit nicht alles innen nass wurde. Normalerweise würden wir den Niedergang mit den Steckschots dicht machen, aber dafür hätte ich ins Cockpit gemusst und wäre vollkommen durchnässt worden, also mussten die Kissen dran glauben. Akustisch verstehen konnten wir uns auch nicht, zu laut war das Prasseln und Heulen im Wind draussen im Cockpit.
Heute Sonntag, nach einer Woche auf See, gab es zur Feier des Tages Pfannkuchen zum Frühstück. Das war eine schöne Abwechslung und eine schöne Zeit zu zweit. Normalerweise gehe ich nach meiner Frühschicht sofort schlafen und wache erst zum Mittagessen, unserer einzigen gemeinsame Mahlzeit, auf.
Wenn wir die vergangene Woche Revue passieren lassen, können wir sagen, dass alles gut lief, wir sind glücklich auf unserem schwimmenden Zuhause. Zum Glück gab es keine größeren Pannen, nebst dem Ausfall des Kochherdes, über die wir aber ein anderes Mal berichten werden.
Ahoi!
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